Was wir in Österreich fast noch als „Wunder in der Zuchttechnik“ verstehen, ist in anderen Ländern seit Jahren gängige Praxis. Um den Fortschritt in der Pferdezucht auch nach Österreich zu holen, kamen von 1. bis 3. Oktober 2021 internationale ExpertInnen in die Pferdepraxis nach Hörsching, um ihr Wissen und ihre Erfahrungen interessierten TierärztInnen aus aller Welt zugänglich zu machen.

Es wird zwar immer von ICSI gesprochen, aber eigentlich geht es um zwei verschiedene Techniken. OPU (Ovum-Pick-Up oder Eizellentnahme) und die darauf folgende ICSI (Intrazytoplasmatische Spermieninjektion).

Als erster Schritt wird an der tief sedierten Stute unter Ultraschallkontrolle aus den Eierstöcken die Follikelflüssigkeit samt den darin befindlichen Eizellen abgesaugt. Im idealen Fall (abhängig vom Zyklusstadium) befinden sich 10-30 unreife Eizellen im Eierstock.

Wieso unreife Eizellen? Weil eine unreife Eizelle besser kontrolliert werden kann. Eine reife Eizelle ist in der Behandlung viel komplizierter – sie muss prinzipiell rasch besamt werden.

Im Labor werden die besten Eizellen aus der Spüllösung entnommen und in eine Nährlösung verbracht, wo sie heranreifen, bis sie bereit für die Befruchtung sind.

Das Ovum-Pick-Up ist ganzjährig durchführbar. Die Hauptsaison liegt in den Herbst- und Wintermonaten, denn die wichtigste Voraussetzung, die eine Spenderstute mitbringen muss, ist eine möglichst große Anzahl an Follikeln (mind. 12-15 Stück) ab einer Größe von > 1 cm Durchmesser. Außerdem sollte die Stute nicht rossig sein. Diese Ausgangslage hat man oft in den Übergangsphasen von einer zyklusaktiven Stute (Frühjahr/Sommer) zu einer nicht zyklischen Stute (Herbst/Winter) und noch einmal im Frühjahr, bevor der Rossezyklus wieder einsetzt.

 

Ist die Eizellle erst einmal gewonnen und gereift, geht es an das eigentliche ICSI -> die Befruchtung.

Nur ein einzelnes Spermium wird benötigt. Dieses Spermium wird mit Hilfe einer sehr feinen Nadel direkt in die Eizelle injiziert (ICSI). So wird selbst mit Gefiersamen von minderer Qualität ein sehr gutes Befruchtungsergebnis erzielt. Aufgrund des niedrigen Spermaverbrauches kann eine TG-Paillette je nach Hengst für 5-7 OPU/ICSI-Sitzungen benutzt werden. Eine so befruchtete Eizelle entwickelt sich in einem Zeitraum von einer Woche im Brutschrank zu einem Embryo, der direkt in Empfängerstuten übertragen werden kann. In den meisten Fällen wird er allerdings tiefgefroren und steht damit zum Versand und/oder Verkauf zur Verfügung. Die Anwachsraten dieser gefrorenen Embryonen in der Empfängerstufe sind sehr gut.

Alle 3-4 Wochen kann das OPU/ICSI Verfahren wiederholt werden. Die künftige Fruchtbarkeit der Stute wird nicht negativ beeinflusst, da die Gebärmutter nicht involviert ist. Dennoch ist OPU, durch die Punktion von Scheide und Eierstöcken, ein invasiver Eingriff, der nicht ganz ohne Risiken ist.

ICSI oder Embryotransfer?

Am Ende des Prozesses landet man immer beim Embryotransfer. Nur die Phase davor ist verschieden. Beim Embryotransfer befruchtet man die Eizelle in der Spenderstute, bei OPU/ICSI befruchtet man die Eizelle im Labor. Zuletzt pflanzt man den Embryo in die Empfängerstute ein.

Betrachtet man die Ergebnisse, hat man durch OPU/ICSI höhere Chancen auf einen eingepflanzten Embryo als beim Embryotransfer. Bei einer ET-Prozedur hat man durchschnittlich 35% Chance auf einen Embryo, während ICSI im Mittel gut 60% Chancen auf einen Embryo bietet. Mit ICSI ist man zyklusunabhängig, während man beim ET dem natürlichen Zyklus folgen muss.

Bemerkenswert ist, dass Statistiken zeigen, dass beide Techniken mehr Hengst- als Stutfohlen hervorbringen. ET bringt durchschnittlich 56% männliche Fohlen zur Welt, bei ICSI läuft der Durchschnitt auf bis zu 72%. In der Natur verhält es sich 50/50.